Heringen (Werra)


"De Heärenger Heärengsschwänz"

Aus grauer Vorzeit

Das älteste menschliche Zeugnis in Heringen ist ein im Werrakies gefundenes zwischen 25.000 und 60.000 Jahre altes Schädeldach. Da aber in unmittelbarer Nähe mehrere hunderttausend Jahre alte, primitive Steinwerkzeuge gefunden wurden, ist davon auszugehen, daß auch im Heringer Raum sehr früh unsere Vorfahren anwesend waren. Die ältesten Spuren einer Siedlung sind über 2500 Jahre alt und stammen aus der Hallstattzeit.

Vor der Ersterwähnung

Bereits vor dem Jahr 750 erhielt das Kloster Fulda mit Gerstungen seinen ersten Besitz im Werratal, der nach und nach ausgebaut wurde und bald auch den Raum Heringen umfaßte.

Heringen taucht in den Urkunden auf

Die erste datierbare Erwähnung von Heringen fällt in das Jahr 1153. Um das Jahr 1170 taucht mit Heinrich von Heringen, ein dem Kloster Fulda dienstbarer Adeliger auf, der sich namensmäßig auf den Ort Heringen bezieht. Mit der Familie von Heringen blieb die Geschichte Heringens bis in das frühe 15. Jahrhundert hinein verbunden. Das damalige, von den Herren von Heringen verwaltete Gericht Heringen erstreckte sich über den größten Teil des heutigen Stadtgebietes und die heute thüringischen Orte Vitzeroda, Gasteroda und Abteroda.

Heringen wird hessisch

Mit dem Jahr 1432 änderte sich die Situation, denn Margarethe von Heringen verkaufte das Gericht an die Landgrafen von Hessen. Heringen und die umliegenden Dörfer wurden dem hessischen Amt Friedewald zugeordnet. Von großer Bedeutung waren die 20er und 30er Jahre des 16. Jahrhunderts, als die Reformation eingeführt, dem Ort das Marktrecht verliehen und eine "Oberförsterei" eingerichtet wurde. Der 30jährige Krieg zog Heringen mehrfach und besonders 1637 in Mitleidenschaft.

Ein beschaulicher Marktflecken

Bis weit in das 19. Jahrhundert hinein blieb Heringen ein großes Dorf. Die Einwohnerzahl überstieg erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts 1000 Einwohner. In einer Landeskunde von Kurhessen aus dem Jahr 1840 heißt es zu Heringen: "Heringen (...) hat eine stattliche Lage, thalhängig über dem rechten Ufer des dreiarmigen "überbrückten Flusses; verkehrsarm die Lage, schön die Natur, ziemlich fruchtbar der Boden, mild die Luft, Wetterschäden unbekannt, ausnehmend gesund die Gegend (...) und doch kein Wohlstand! Viel  zu weitläufig ist die Flur, um von dem Einen Orte gehörig bestellt werden zu können, und die Sitte, auch das kleinste Gut unter alle Erben zu zerschnitzen, läßt keine tüchtige Landwirtschaft zu. Stark ist nur die Schaafzucht, theils als wandernde Düngungsanstalt, theils für das allgemeine Geschäft des Wollspinnens." 

Eine „vergessene“ Ecke

Als andernorts im 19. Jahrhundert die Industrie ihren Aufschwung nahm blieb Heringen ohne Anschluß an die wirtschaftlichen Lebensadern der damaligen Zeit, die Eisenbahnen. Heringen bot seinen Bewohnern nur wenig wirtschaftliche Möglichkeiten, so daß viele entweder in die Industriegebiete Deutschlands oder nach Übersee gehen mußten.

Das „weiße Gold“ verändert alles...

Erst durch Fund einer Kalilagerstätte unter dem Stadtgebiet und dem Bau des Kaliwerks Wintershall änderte sich in den Jahren um 1900 die wirtschaftliche Situation grundlegend. Mit dem Kaliwerk, dessen Förderung im Jahr 1903 begann, entstanden Arbeitsplätze am Ort. Mit Wintershall, aber auch durch die später eingerichteten Kalibergwerke Neu-Heringen und Herfa-Neurode setzte ein allgemeiner Aufschwung ein, von dem auch Handel und Gewerbe profitierten. Einher gehend mit dem Auf- und Ausbau der Kaliindustrie stiegen in Heringen die Be-völkerungszahlen. Die Einwohnerzahl verdreifachte sich zwischen dem Jahr 1900 und dem Ende des 2. Weltkrieges in etwa.

Der eiserne Vorhang fällt

Eine einschneidende Zäsur bildete die Grenzziehung nach 1945. Heringen, vorher stark nach Thüringen ausgerichtet, geriet in eine extreme Randlage. Die Randlage und der Wegfall der Thüringer Nachbarregion, führten dazu, daß es auch in den Jahren des Deutschen Wirtschaftswunders aufgrund der ungünstigen Standortvoraussetzungen nur in wenigen Fällen gelang, neue industrielle Arbeitsplätze zu schaffen.

Vom Kalibergbau bis heute geprägt

Um so wichtiger waren auch nach 1945 die Arbeitsplätze in der Kaliindustrie. So waren im Jahr 1961 fast 70 Prozent aller Heringer Erwerbstätigen im Kalibergbau beschäftigt. Der Höchststand der Belegschaft war im Jahr 1961 erreicht, als in Heringen und Herfa über 3.200 Menschen im Kalibergbau beschäf-tigt waren. Allerdings geriet die Kaliindustrie bereits in den 60 er Jahren unter einen hohen Rationalisierungsdruck, der bis heute anhält. Dementsprechend sind die Beschäftigtenzahlen bei gleichzeitig stark gestiegener Produktivität heute auf etwa 1. 700 Beschäftigte gesunken. 

Neue Entwicklung im Schatten der Grenze

Während der Weg nach Thüringen versperrt war entwickelte sich Heringen für sein hessisches Umland nach der Grenzziehung mehr und mehr zu einem Zentrum, wo verschiedene zentralörtliche Einrichtungen wie eine weiterführende Schule und überörtlich bedeutsame Freizeiteinrichtungen, wie ein Hallenbad angesie-delt wurden.

Heringen dehnt sich aus und wird Stadt.

Zwischen 1968 und 1972 wurden nach und nach die Orte Lengers, Wölfershausen, Bengendorf, Leimbach, Herfa, Kleinensee und Widdershausen nach Heringen eingegliedert. Die neue Großgemeinde hatte bei einer Gesamtfläche von 7.033 Hektar über 9.000 Einwohner und bekam 1977 von der Hessischen Landesregierung die Stadtrechte verliehen.

Die Grenzöffnung

Mit der Grenzöffnung Ende 1989 begann ein neuer Zeitabschnitt. Die Wiedervereinigung beendete die über 40 Jahre währende Randlage und Heringen rückte vom Rand der alten Bundesrepublik in die Mitte des wiedervereinigten Deutschlands. Heringen hat dadurch in Thüringen das lange schmerzlich entbehrte Hinterland bekommen und konnte seitdem seine Bedeutung als Einkaufs- und Schulort auch für die umliegenden Thüringer Gemeinden erlangen. 




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