Stolpersteinverlegung in Heringen (W.)

Zwei Familien, elf Namen und damit elf verbundene jüdische Lebensgeschichten, die alle durch Vertreibung und Deportation endeten, standen bei der Stolpersteinverlegung am Donnerstagmorgen in Heringen im Mittelpunkt. In einer feierlichen Gedenkzeremonie wurden für Joseph, Meta, geb. Katz, Ruth und Lore Bacharach, Minna Braun, geb. Dessauer, sowie Gerhard, Hellmuth, Paula, geb. Baumgart, Siegfried und Frieda Dessauer, geb. Stern, und Tochter Ursula die messingbeschlagenen quadratischen Steine zur Erinnerung zwischen die Pflastersteine der Pfarrstraße gesetzt.
Gefertigt und verlegt wurden die Gedenkstücke von Künstler Gunter Demnig, der angefangen in 1996 bis heute mit über 100.000 dieser Steine europaweit an Menschen erinnern, die der NS-Diktatur zum Opfer fielen. „Wir stehen heute hier zusammen, an einem ganz gewöhnlichen Ort unserer Stadt – auf einem Gehweg, den viele von uns jeden Tag passieren. Und doch wird dieser Ort heute zu etwas Besonderem“, beginnt Bürgermeister Daniel Iliev seine Rede, die er an rund 40 Schülerinnen und Schüler der Werratalschule, den hessischen Minister für Wissenschaft und Forschung, Kunst und Kultur Timon Gremmels, den Kasseler Rabbiner Shaul Nekrich sowie viele Bürgerinnen und Bürger richtet. Die Erinnerung an diese Menschen und ihre Geschichten lebendig zu halten und „alles daransetzen, dass sich solche Verbrechen niemals wiederholen“ seien heute wichtiger denn je. Seinen Dank richtete er an alle Beteiligten, die städtischen Gremien, die das Geld für die Verlegung der Stolpersteine zur Verfügung gestellt haben, an den Leiter des Projektes Jörg Lorey, der gemeinsam mit der städtischen Mitarbeiterin Celine Radlik die Gedenkfeier vorbereitet und umgesetzt hat.

Mit den Worten „Schalom aleichem – Friede sei mit euch“, gedenkt Minister Gremmels „ziemlich genau 80 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs“ den beiden jüdischen Heringer Familien. „Mit jedem Stolperstein, den wir setzen, verleihen wir diesen Namen ein dauerhaftes Andenken. Wir geben ein Stück von dem zurück, was ihnen genommen wurde – ihre Würde, ihre Geschichte, ihre Gegenwart. Diese Steine sind kein Abschied, sondern ein Versprechen: Wir vergessen nicht.“, führt er weiter aus und betont, wie wichtig es ist unsere Demokratie zu stärken und nicht als selbstverständlich anzusehen.
Während Gunter Demnig die Stolpersteine in die vorbereiteten Lücken setzt, werden die elf Biografien der Opfer durch Schülerinnen und Schüler der Werratalschule; Hanna Küchenmeister, Auszubildende der Stadt Heringen; und Florine Fuge, ehemalige Schülerin der Stolperstein-AG verlesen, um an ihre Lebensgeschichten zu erinnern. Der Rabbi und Schriftgelehrte Shaul Nekrich gedenkt ihrer mit einem Gebet auf Hebräisch und erfüllt dabei mit seinem Gesang den Platz an der Ecke Pfarrstraße und Am Wehrbrunnen.
„Es kommt einem vor wie aus einem Film, den man vielleicht nicht einmal zu Ende schauen würde, weil er einem zu heftig wäre. Aber es ist Geschichte, und keine die weit weg von uns stattgefunden hat, sondern hier in unserem Ort, in unserer Gemeinschaft“, findet Diakon Richard Ewald und greift im weiteren Verlauf auf Deutsch die Worte des jüdischen Schriftgelehrten ebenfalls auf. Weiterhin gibt er besonders den jungen Menschen mit auf den Weg, dass Mut, Respekt und Liebe in heutigen Zeiten wichtig seien, wenn wir anderen Menschen begegnen. Auch kleine Situationen im Ort geben ihm dafür Hoffnung und Zuversicht, für ein gutes und friedliches Miteinander.

Musikalisch wird die Veranstaltung umrahmt von Beiträgen des Volkschors Frohsinn und des Chors Wölfershausen, sowie Popkantor Matthias Weber.
Ansprechpartner
Fachbereich 2-Bürgerdienste
Jugendpflege
Jörg Lorey
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